Vorwort

Die Erinnerung an Gelesenes ist nicht zuverlässig. Sie ist selektiv, viele Figuren, Schauplätze oder Handlungsdetails literarischer Werke schwinden nach und nach aus dem Gedächtnis. Das Wiederauffinden selbst gut erinnerter Passagen gerät nicht selten (zumal bei umfangreichen Werken) zu einer Odyssee durch das Buch, weil Handlungszusammenhänge, Schauplätze oder beteiligte Figuren nicht mehr genau präsent sind.

Gegen dieses Übel, das jeder Leser, der Literaturliebhaber wie der professionelle Leser kennt, hält die Literaturwissenschaft mit der lexikalischen Erschließung literarischer Werke ein probates Gegenmittel bereit. Allerdings teilt sie es eher sparsam aus. Umso dankbarer greifen Literaturwissenschaftler und  Leser zu den freundlichen, aber raren Helfern, Fontane-Leser etwa zu Christian Grawes ›Führer durch Fontanes Romane‹ oder Johnson-Leser zu Rolf Michaelis' ›Kleinem Adreßbuch für Jerichow und New York‹, um nur diese zwei zu nennen.

Literaturlexikon online verbindet die Methoden der lexikalischen Texterschließung mit den Vorteilen der digitalen Publikation. Letztere liegen bei lexikalischen Werken auf der Hand. Die Stichwortsuche, das Nachschlagen, das Vor- und Zurückblättern oder die Verfolgung von Querverweisen per Mausklick sind eine komfortable Alternative zum Buch. Aber auch für Verfasser birgt das Medium Vorteile: Abbildungen und Materialien jeder Art lassen sich mühelos und kostensparend integrieren, Querverweise und Verknüpfungen ohne aufwendige Umbruchkorrekturen einfügen, Fehler sind rasch korrigiert, Ergänzungen leicht nachzutragen. Größere Lexika, deren Erarbeitung ihre Zeit erfordert, können vorab als ›work in progress‹ publiziert werden, um den Lesern schon Zugang zu den bereits fertigen Teilen zu geben.

Idee und Konzept von Literaturlexikon online entstanden bei der editorischen Arbeit an Eva D. Beckers Thomas-Mann-Figurenlexikon, das schon im Frühjahr 2006 als selbständige Seite online ging und nun in dieses Portal umzieht. Der Erfolg der Seite, die konstant hohe Besucherzahlen und ein erfreuliches Presseecho verzeichnen kann, machte Mut zur Entwicklung dieser Plattform, auf der nun sukzessive weitere Lexika ähnlichen Zuschnitts zu literarischen Werken und Autoren erscheinen sollen.

Für die Anlage der Lexika gibt es kein starres Muster, aber einige konzeptionelle Vorgaben. Die Lexika sollen Lesern Gedächtnisstützen und Lesehilfen bieten und Literaturwissenschaftlern den analytischen Zugriff auf die Texte erleichtern. Sie geben daher möglichst textnahe Informationen, fassen etwa die Merkmale von Figuren oder Schauplätzen beschreibend zusammen, weisen auf Beziehungen zwischen Figuren, Schauplätzen und Handlungsverläufen hin, machen auch wohl auf inhaltliche Querverbindungen aufmerksam, enthalten sich aber, soweit möglich, interpretatorischer Aussagen. Denn sie wollen den Benutzer nicht mit fertigen Deutungen konfrontieren, sondern ihm ein lockeres Gerüst von Daten zur Verfügung stellen, das Leselust macht und zu weitergehender eigener Beschäftigung mit den Texten anreizt. Deshalb werden auch Sachinformationen, die nicht aus den Texten selbst bezogen werden, in der Regel eher sparsam gegeben. Die Lexika können und sollen nicht mit den Kommentaren historisch-kritischer Ausgaben konkurrieren.

Saarbrücken, den 13.04.2009             Anke-Marie Lohmeier

Vorwort zur digitalen ›Neuauflage‹

Im Frühjahr 2011 ist Literaturlexikon online auf einen Server der Universität des Saarlandes umgezogen. Dabei hat es nicht nur ein neues Design und neue Lexika (z. B. Collectanea) bekommen, sondern auch ein neues technisches Innenleben, das den Benutzern der Seite zusätzlichen Komfort bietet. Für die Unterstützung bei der Einrichtung des neuen Serverplatzes danke ich dem IT-Team der Universität des Saarlandes, besonders Herrn Dipl-Inform. Joachim Blum. Für die Hilfe beim Transfer der Daten bin ich Frau Tanja Begon M.A. zu Dank verbunden. Die aufwendige Entwicklung und Konfiguration der Seite lag in den Händen von Herrn cand. phil. Michael Roesler, der auch die weitere Administration der Seite übernommen hat. Ihm gilt mein ganz besonderer Dank.

Saarbrücken, den 22.11.2011            Anke-Marie Lohmeier